Es ist zu erwarten, dass sich nach der Pandemie in vielen Unternehmen, auch im Mittelstand, eine hybride Arbeitsform aus Homeoffice und Büropräsenz durchsetzen wird, so wie sich dies im Frühjahr 2022 nach dem Ende der Home-Office-Pflicht abzeichnete¹. Das bedeutet, dass sich der alte, „analoge“ und oft hierarchische Führungsstil weiterentwickeln muss - hin zu Digital Leadership. Während der Pandemie haben viele Führungskräfte schon Erfahrung in Sachen Remote-Management gesammelt. Die Studienergebnisse des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und der Deutschen Gesellschaft für „Führung im New Normal“ zeigen, wo die Schwerpunkte der Führungsarbeit nach der Pandemie liegen und welche (neuen) Herausforderungen damit einhergehen².
Remote-Führung bedeutet mehr Kommunikation und Vertrauen
Befragt wurden rund 300 HR-Verantwortliche. 65 Prozent der Befragten gaben an, dass die Kommunikationsarbeit jetzt mehr Zeit in Anspruch nimmt. Die Führungskräfte führten seit Beginn der Pandemie deutlich mehr bilaterale Gespräche mit einzelnen Beschäftigten (43,4 Prozent). Fast die Hälfte der Befragten gab an, dass sich Koordinations-, Planungs- und Überprüfungsaufwand vergrößert haben. Noch vor Kommunikationsfähigkeiten wählten die Befragten als größte Herausforderung „Vertrauen zu geben und zu erhalten“. Auf dem dritten Platz folgt Empathie, anschließend Delegationsfähigkeit und dann Planungs- und Organisationsfähigkeit. „In der hybriden Arbeitswelt wird eine ebenso proaktive wie medienkompetente, wertschätzende Kommunikation und Ansprechbarkeit ein wesentlicher Schlüssel für gute Zusammenarbeit, Leistung und Bindung sein“, folgern die Studienautoren. „Trotzdem wird das Ausmaß direkter Begegnung und sozialer Einbindung und damit auch der Kontrolle geringer sein als vor der Corona-Krise, was die Bedeutung des Vertrauens so stark wachsen lässt“, heißt es weiter.
Wie Remote-Arbeit das Rollenverständnis verändert
Auch das Rollenverständnis der Führungskraft hat und wird sich durch die digitale Arbeitswelt ändern. 69,8 Prozent der Befragten sagen, dass die Bedeutung von Führungskräften als „Veränderungsbegleiter“ zunimmt, ebenso das Verständnis als „Entwicklungsbegleiter“ (53,3 Prozent). „Beide Ausrichtungen reflektieren stark das Verständnis, dass die Zukunft vor allem von schnellen Veränderungen, den damit verbundenen Unsicherheiten und der erforderlichen raschen Anpassungsfähigkeit hieran geprägt sein wird“, so die Studienautoren. Sie führen fort, dass Führungskräfte dabei unterstützen und Mut machen sollen, veränderungsfähig zu sein. Sie sollen dafür Hilfe anbieten und Potenziale mitentwickeln, aber nicht von vornherein mit dem Selbstverständnis antreten, es im Zweifelsfall ,besser zu wissen’ und immer die Richtung vorzugeben.
Wechsel der Generationen sorgt für Wertewandel
Neben der neuen Arbeitswelt sehen die Führungskräfte sich mit
einer neuen Generation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern konfrontiert. Die sogenannten
Babyboomer gehen in Rente. Dafür tritt die Generation Z (kurz: Gen Z), zu der zwischen 1997 und 2012 Geborene zählen, in den
Arbeitsmarkt ein. Die Gen Z startet ins Arbeitsleben mitsamt eigener Wertevorstellungen und Forderungen – über alle
Branchen und Unternehmen hinweg. Und dann gibt es noch die Millennials. Sie
wurden in den frühen 1980er- bis zu den späten 1990er-Jahren geboren und stehen
schon voll im Berufsleben. Für die beiden jüngeren Generationen von
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind andere Führungsqualitäten wichtig als noch für die
Babyboomer.
Wie die Berliner Firma Zenjob in ihrer Studie zum Thema „Future of Work"3 ermittelt hat, wünschen sich beide Generationen Autonomie (Gen Z: 83 Prozent; Millennials: 84 Prozent). Sie möchten sich ihre Zeit selbst einteilen. Allerdings geben die Hälfte der Gen Z-Zugehörigen sowie 58 Prozent der Millennials an, dass es ihnen in der Praxis nicht immer gelingt. Die andere Hälfte unter ihnen bringt an, dass Mentoring und Rahmenstrukturen ihnen hierbei helfen würden. Bei der Work-Life-Balance sind sich die Studienteilnehmenden nicht einig. Auf der einen Seite wollen 78 Prozent der Gen Z (Millennials: 81 Prozent) Berufliches und Privates trennen. Auf der anderen Seite finden 70 Prozent von ihnen (Millennials: 58 Prozent) es in Ordnung, auch im Urlaub für ihr Unternehmen erreichbar zu sein. Wichtig sind der Generation Z Ehrlichkeit, Offenheit für Kommunikation, Ideen, Konzepte sowie individuelle und professionelle Förderung. Sie möchten Verantwortung übernehmen. Führungskräfte sollten sich als Coaches verstehen, die ehrliches Feedback geben und die Angestellten in ihrer Karriere unterstützen.
Gibt es bereits Führungsstile, die diese neuen Ansprüche vereinen?
Die Zeit der transaktionalen Führung ist vorbei. Damals hieß es, der Chef diktiert den Angestellten, was zu tun ist. Doch in einem transformativen Umfeld braucht es Agilität und Flexibilität. Deshalb geht der Trend in der heutigen Zeit zur transformationalen Führung. Sie fördert die Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und motiviert sie, sich hohe Ziele zu stecken. Als wichtigste Erfolgsfaktoren sieht der Forscher Bernard M. Bass, der den Begriff „Transformationale Führung“ in den 80er-Jahren prägte, vier Kriterien: Führungskräfte müssen …
Vorbild sein
durch Inspiration motivieren
intellektuell anregen
individuell unterstützen
Dazu braucht es engagierte, loyale und disziplinierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und offene, klare Kommunikation sowie Vertrauen von allen Beteiligten. Trotz aller Freiheiten verlieren die Führungskräfte die Unternehmensziele nicht aus den Augen und setzen hohe Erwartungen ans Team. Sie coachen ihre Angestellten und inspirieren sie mit einer klaren Vision und Sinngebung. Durch ihre Vorbildfunktion werden die Werte sichtbar. Etwas, wonach sich vor allem die jungen Menschen sehnen.
Die wichtigsten Effekte der transformationalen Führung sollten sein: Mehr Innovation, mehr Kreativität, höheres Vertrauen, klare Rollenverteilungen, höhere Selbstwirksamkeit, besseres Gemeinschaftsgefühl, weniger Stress und mehr Commitment. Neben der Produktivität soll auch die Zufriedenheit gesteigert werden können. Letzteres ist besonders wichtig, wenn es darum geht, Angestellte zu halten oder neue Kolleginnen und Kollegen anzuwerben. Damit kann die transformationale Führung ein Vorteil im Wettbewerb um Talente auf dem Arbeitsmarkt sein, da sie vieles bietet, was die junge Generation fordert:
Sinn
Vision
Werte
Eigenverantwortung
Freiheit
Flexibilität
Motivation
Gerade mittelständische Unternehmen können mit diesem Führungsstil eine Stärke hervorheben, die großen Konzernen fehlt: Eine traditionsreiche Geschichte mit gefestigten Werten. Sie besitzen bereits einen Purpose oder eine Heritage, also ein (unternehmens-)kulturelles Erbe. Laut der Zenjob-Studie punktet der deutsche Mittelstand bei jüngeren Zielgruppen wie der Generation Z mit der Kombination aus Werten und Sicherheit. So sind mittelständische Betriebe sowohl für die Generation Z (31,6 Prozent) als auch für die Millennials (36,8 Prozent) die beliebteste Unternehmensform. Bringen Sie also auch Ihre Führung erfolgreich ins neue Zeitalter. Passendes Personal finden wir von HAPEKO für Sie!
Quellen
¹ https://www.tagesschau.de/wirt...
² https://publica-rest.fraunhofe...
3 https://www.zenjob.com/wp-cont...
4: Bernard M. Bass: Leadership and Performance, 1985
Whitepaper von Zenjob: "Gen Z oder Generation all in"
Credit
Foto: lelia_milaya via Twenty20